Interview mit Dr. phil. Katharina Frank

Bitte stellen Sie sich vor und erzählen Sie etwas über Ihre Forschungsinteressen! 

Mein Name ist Katharina Frank. Ich arbeite als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Religionswissenschaftlichen Seminar an der Universität in Zürich in der fachwissenschaftlichen Ausbildung der Religion- und Kultur-Lehramtstudierenden (Sekundarstufe I). Zudem bin ich Lehrbeauftragte für die religionswissenschaftliche Fachdidaktik in der Gymnasiallehrer/-innen-Ausbildung an der Universität Zürich. Meine Forschung bezieht sich insbesondere auf den gesellschaftlichen Bereich „Religion und  Schule“, wobei mich sowohl der „Religionsunterricht“ selbst als auch generell der Umgang mit Religion in der Schule sowie anderen öffentlichen Institutionen interessieren.

 

Was sind Ihrer Meinung nach gegenwärtig die größten Herausforderungen der Religionswissenschaft?

Mit der zunehmenden Differenzierung der Religionswissenschaft droht sich unsere Diskursgemeinschaft allmählich aufzulösen. Historisch und gegenwartsbezogen arbeitende Religionswissenschaftler/-innen orientieren sich oft nur noch regional, epochen- oder themenbezogen und kooperieren lieber mit entsprechenden Historiker/-innen bzw. Soziolog/-innen oder Ethnolog/-innen. Theoretisch arbeitenden Religionswissenschaftler/-innen käme hier eine besondere Rolle zu, vermögen sie doch durch Religionstheorien, Religionswissenschaftstheorien und generell sozialwissenschaftlichen theoretischen Konzepten eine Verbindung zwischen den historisch und gegenwartsbezogen arbeitenden Empiriker/-innen zu schaffen.

 

Inwiefern spiegeln sich diese Aspekte in Ihrer Lehre wider?

Meine Lehre widmet sich hauptsächlich den systematischen Perspektiven der Religionswissenschaft sowie methodischen Fragen. Die Studierenden lernen Ergebnisse historischer und gegenwartsbezogener Forschung zu integrieren und erarbeiten sich religionswissenschaftliche Fragestellungen und Erkenntnisinteressen. Sie lernen, wie Religionswissenschaft in der Schule, aber auch in anderen öffentlichen Bereichen kommuniziert werden kann.

 

Was halten Sie von der Rolle der ReligionswissenschaftlerInnen als “public intellectual”?

Religionswissenschaftler/-innen sollten sich vermehrt in der Öffentlichkeitsarbeit engagieren, wobei sie m.E. in erster Linie die Rolle wissenschaftlicher Expert/-innen und nicht eine politische Rolle innehaben sollten. Im Bereich schulischen Unterrichts zum Thema Religion sind politische Einschätzungen und Statements jedoch oft unvermeidbar, da Religionswissenschaftler/-innen in diesem Feld auch selbst zu den Akteur/-innen gehören.

 

Bitte berichten Sie über den von Ihnen im Rahmen Ihres Aufenthalts gehaltenen Gastvortrag sowie Ihr Blockseminar hier bei uns in Hannover!

Das Blockseminar widmete sich allen Themenbereichen, die zu einer kompetenzorientierten religionswissenschaftlichen Fachdidaktik gehören: der Unterrichtsanalyse, der programmatisch verstandenen religionswissenschaftlichen Fachdidaktik und der Unterrichtsentwicklung. Im Vortrag versuchte ich, den Spieß einmal umzudrehen und nicht zu fragen, was die Religionswissenschaft für den „integrativen Religionsunterricht“ leistet, sondern was Unterrichtsforschung und -entwicklung zur Theoriebildung in der Religionswissenschaft beitragen. 

 

Herausforderungen beschreiben?

Leider verhindert der Artikel 7.3 des Grundgesetzes einen obligatorischen Religionskunde-Unterricht in allen Bundesländern, wie er zurzeit als Perspektive im Sachunterricht in der Schweiz implementiert wird. In einem Gespräch am „Runden Tisch“, zu dem mich die Landtagsfraktion der Grünen in Bayern vor einem Jahr eingeladen hatte, wurde mir bewusst, wie oft die Kirchen und mit ihnen die nichtchristlichen Religionsgemeinschaften sowie die Humanisten Artikel 7.3. GG ins Feld führten, wenn ihnen die gesellschaftlich relevanten Argumente für einen Religionsunterricht der Religionsgemeinschaften ausgingen. Der Religionswissenschaft bleibt nur die Beteiligung am Werte- und Normen- bzw. Ethik-Unterricht, in dem eine religionswissenschaftliche Ausrichtung gefragt ist. Gerade in Hannover scheint mir die religionswissenschaftliche Ausbildung der angehenden Werte und Normen-Lehrkräfte hervorragend und manche Schweizer Institution (Universität oder Pädagogische Hochschule) könnte vom religionswissenschaftlichen Ausbildungskonzept Hannovers profitieren.